Tomonobu Itagaki, der Erfinder von Ninja Gaiden, wollte mit seinem neuesten Werk Devil’s Third das Shooter-Genre neu definieren. Für ein Spiel, das einen mehrfach durch Insolvenz und Interventionen gestörten Entwicklungsprozess hinter sich hat und dessen Budget nicht sonderlich groß ausfiel, waren das freilich große Ansprüche. In unserem
WiiUX-Preview gab es bereits erste Einblicke in den Einzelspielermodus und eine Prognose mit einem eher ernüchternden Ergebnis. Doch das Team von den Valhalla Game Studios hat sich bekanntlich auf den Onlinemodus konzentriert, der um einiges umfangreicher als der knappe Einzelspieler ausfällt. Im WiiUX-Test betrachten wir sowohl das Solo-Abenteuer, das den Brutalo-Macho Ivan um den ganzen Globus führt, als auch den Online-Multiplayer-Modus des Wii U-Titels.
I'm here to kick ass and chew bubble gum
Der von Tattoos überzogene Protagonist Ivan, ein ehemaliger Terrorist, sitzt zu Beginn der Kampagne in einer isolierten Zelle tief in Guantanamo Bay. Schon während der ersten Filmsequenz springt dem Spieler der skurrile Humor der Valhalla Studios und die gnadenlose Überzeichnung des Hauptcharakters Ivan entgegen. Der obercoole Elitekämpfer lässt sich wohl am ehesten mit dem ungleich bekannteren Duke Nukem vergleichen. Storytechnisch geht die nur etwa fünf bis sieben Stunden lange Kampagne keine Risiken ein und bleibt bei dem generischen Kampf gegen moderne Terroristen. In Devil's Third hat eine russische Geheimorganisation namens "School of Democracy" amerikanische Satelliten zerstört und offen die US-Regierung attackiert. Da Ivan vor seiner Verhaftung ebenfalls als Terrorist tätig war, wird er nun um Mithilfe beim Kampf gegen den neuen Feind gebeten. Der muskulöse Russe willigt ein und schnetzelt munter drauf los.
Spielerisch bleibt der Shooter stets unauffällig und eher im unteren Durchschnitt des Genres; Ivan hechtet von Deckung zu Deckung und erledigt eine Gegnerwelle nach der nächsten. Abwechslung von diesem Spielablauf wird viel zu selten und dann auch nur kurz geboten, etwa in Form einer Autofahrt einen Berg hinunter. Und auch technisch merkt man dem Titel die vielen Irrungen und Wirrungen an, durch die er gehen musste. Die Grafik ist der aktuellen Konsolengeneration nicht immer würdig und wird zudem von Framerate-Einbrüchen und langen Ladezeiten geschwächt. Die Musik bleibt ebenfalls wenig beachtenswert. Mangels imposanter Grafiken oder einer bombastischen Soundkulisse bleiben die Deckungskämpfe in den schlauchartigen Levels eher unspektakulär und sind zudem durch automatische Heilung und beinahe instant respawns wenig fordernd. Die Endbosse am Ende einer Stage bieten immerhin etwas mehr Gegenwehr, stellen aber auch keine wirklichen Hindernisse dar. Etwas mehr Spaß wird euch geboten, wenn ihr euch eine der zahlreichen Nahkampfwaffen schnappt und damit durch die Gegnerhorden randaliert. Vor Testosteron triefende Sprüche und nette kleinere Animationen Ivans sorgen zusammen mit dem anspruchslosen Kampfsystem für kurzweiligen Feierabendspaß, bei dem nicht viel nachgedacht werden muss.
Schon fertig? Mach's noch einmal!
Nachdem ihr alle neun Levels abgeschlossen habt, bietet sich die Möglichkeit, sie im Missionsmodus noch einmal einzeln zu spielen. Dabei können fleißige Spieler die übersehenen Sammel-Extras aufspüren. Die Missionen laufen auf Zeit, für Kills und andere spektakuläre Aktionen gibt es Punkte. Aus diesen beiden Werten ergibt sich schließlich eine Punktzahl für die Mission, die in eine Online-Rangliste eingetragen wird. Wer besonderes Ruhmbedürfnis hat, kann also versuchen, seinen Highscore nach dem Durchspielen noch zu verbessern. Das Sammeln aller 36 vorhandenen Collectibles in den Missionen und die Highscorejagd bieten einen leichten Wiederspielwert, haben jedoch keinen Nutzen und können daher leider nicht über die kurze Spielzeit hinwegtrösten.
Willkommen bei FDRA, Rekrut
Sein Hauptaugenmerk legt Devil's Third aber ohnehin auf den Online-Multiplayer-Modus. Wer jedoch glaubt, dass er sofort loslegen könne, sobald der Modus gestartet wird, täuscht sich. Der Onlinemodus erzählt eine eigene Story, die von einem alternativen Ende der Hauptstory ausgeht. In dieser alternativen Realität ist Ivan an seiner Mission gescheitert und hat Nordamerika ins Chaos stürzen lassen. Daraufhin bildete sich eine Vielzahl an Clans, die um die Vorherrschaft auf dem Kontinent kämpfen.
Nach einem kurzen Tutorial der Federal Disaster Response Agency (FDRA), das alle grundlegenden Funktionen erklärt, stehen den Spielern mehrere Optionen zur Auswahl. Wer nur schnellen Spaß sucht, ist im Drill-Modus genau richtig. Hier werden zehn verschiedene Spielmodi angeboten, die jeweils mit bis zu 16 Online-Spielern bestritten werden. Neben den üblichen und aus anderen Shootern bekannten Regeln bietet Devil's Third auch einige originelle Spielweisen. Allerdings leiden sämtliche Onlineschlachten unter dem repetitiven Gameplay des Singleplayers, wirkliche Abwechslung wird hier also nur durch die verschiedenen Spielziele geboten.
Drill bietet die Modi 'Battle Royale' (jeder gegen jeden); 'Team Deathmatch' (Team gegen Team); 'Cargo Capture', bei dem aus Flugzeugen abgeworfene Vorräte gesammelt werden müssen; 'Chickens', wo auf dem Spielfeld herumlaufende Hühner gefangen werden wollen; 'Close Quarters' (nur Nahkampfwaffen erlaubt); 'Carnival', bei dem die Spieler Früchte sammeln und anschließend in einen großen Mixer werfen müssen; 'Guardian' (eine kleine Zone muss von einem Team gehalten werden); 'Gladiator', der sich wie Battle Royale spielt, nur ohne Waffen; 'Transporter' (Capture the Flag); und 'Ignition', den Counter Strike-Spieler bestens kennen sollten. Hier muss ein Team eine Bombe legen und hochgehen lassen, während das andere Team das zu verhindern versucht. Für jeden dieser Spielmodi gibt es eine eigene Online-Rangliste.
Zweckmäßige Freundschaften
Da der Multiplayer-Modus eine Art Story aufweist, wird natürlich mehr geboten als nur alleinstehende Matches. Die Spieler stehen vor der Wahl: Selbst einen Clan gründen und an die Spitze führen, oder einem bereits bestehenden Clan beitreten? Das Clansystem in Devil's Third lässt kaum Wünsche offen. Anfangs können sich zehn Kämpfer zusammenschließen; bei Erfolgen im Krieg lassen sich weitere Mitglieder hinzufügen. Jeder Clan besitzt eine eigene Kasse, aus der Propaganda, schweres Kriegsgerät und Willkommensgeschenke an neue Spieler bezahlt wird. Die Dollen - so der Name der Ingamewährung - fließen bei gewonnen Clanmatches wieder zurück ins Budget. Alles hängt also vom Erfolg in den Kämpfen ab. Auf die Kasse des Clans können nur der Gründer und seine bis zu drei Generäle zugreifen.
Je mehr Mitglieder ein Clan hat, desto leichter kann er seine territoriale Macht ausbauen. Das liegt zum einen an der schieren Spielerzahl, zum anderen an der Vielzahl an Festungen. Jeder einzelne Spieler betreut seine eigene Festung, die er anfangs in einer Region der Karte erbaut. Dieses Basislager lässt sich nach eigenem Ermessen erweitern, umbauen und aufrüsten; dabei steht eine Palette an Gebäuden und kleineren Gegenständen zur Verfügung – zum Beispiel Wachtürme, Munitionskisten, Sandsäcke oder Mini-MGs. Eine starke Basis ist selbstredend zu empfehlen, da sämtliche Clankämpfe in diesen Festungen stattfinden und ein stark ausgebauter Stützpunkt dem eigenen Clan zugute kommt. Kämpfe der Clans gegeneinander finden im "Siege-Modus" statt. Spieler können sich hier entscheiden, ob sie lieber eine feindliche Festung angreifen oder eine Basis ihres Clans verteidigen wollen. Bei einem Sieg wird der Einfluss des erfolgreichen Clans vergrößert und sein reguläres Einkommen vergrößert. Der Siege-Modus ist völlig losgelöst vom Drill-Modus; bei letzterem geht es immer nur um die eigene Punktzahl.
Wurden erst einmal einige Dollen eingenommen, können die Clanobersten schweres Kriegsgerät kaufen, um die Kämpfe zu erleichtern. Im Angebot stehen unter anderem Hubschrauber, Dronen und Panzer. Einzelne Spieler haben, falls sie genügend Geld übrig haben, ebenfalls die Möglichkeit, solche Geräte an den Clan spenden. Aber auch diplomatisch bieten sich einige Optionen an. So können Clans sich verbünden, Nicht-Angriffspakte schließen oder sich offiziell den Krieg erklären. Man kann auch Spieler feindlicher Clans abwerben. Das will natürlich finanziert werden, unter anderem durch Eigenwerbung und große Willkommensgeschenke. Der Teufel scheißt hier also meist auf den größten Haufen - natürlich nur, solange die spielerischen Leistungen stimmen.
Bezahlung mit Echtgeld forciert
Von einem erfolgreichen Clan profitieren natürlich auch die einzelnen Mitglieder. Die Höhe des periodischen Einkommens alle 30 Minuten hängt vom internationalen Erfolg der Kampfgruppe und der Stellung in seiner Heimatregion ab. Spieler können die verdienten Dollen auf zwei Arten ausgeben: Gute Fern- und Nahkampfwaffen sind vor allem anfangs nicht billig und die Erweiterungen der Festung reißen immer wieder große Löcher in die Bilanz. Auch Munition für Siege Matches muss im Vorfeld erworben werden. Was letztlich noch übrig bleibt, kann in Form von Kriegsgerät dem Clan gespendet werden.
Die zahlreichen Personalisierungsfunktionen für den Charakter lassen sich also nicht mit der eigentlichen Ingame-Währung bezahlen. Für Kleidung, Ausrüstung, Frisuren oder auch die Stimme werden goldene Eier verlangt. Von diesen erhält jeder Spieler anfangs eine kleine Anzahl und mit der Zeit lassen sich auch immer wieder einzelne Eier erspielen. Um allerdings wirklich einzukaufen, benötigt es schon eine größere Menge Eier - diese lässt sich nicht erspielen, sondern kann nur käuflich erworben werden. Ein anderes Gesicht für seinen Charakter beispielsweise kostet satte 30 goldene Eier, also so viel, wie jeder Spieler anfangs erhält. Durch eShop-Guthaben lassen sich nun verschieden viele goldene Eier kaufen; 100 Stück schlagen mit 19,99 Euro zu Buche. Der Preis steht hier in keinem Verhältnis zum Nutzen und es bleibt zu hoffen, dass ein solches Bezahlmodell bei den Spielern keinen Anklang findet. Nebenher ist ein Ei 100.000 Dollen wert und lässt sich auf Wunsch auch so umtauschen - man könnte das ganze System also ohne schlechtes Gewissen mit pay to win abstempeln.
FAZIT
Ganz klar: Devil's Third richtet sich an Hirn-aus-Spaß-an-Actionfans. Das ist ganz gewiss kein Kritikpunkt und die Valhalla Studios ziehen diesen Stil auch konsequent durch. Ivan zündet sich mitten im heftigsten Feuergefecht eine Kippe nach der anderen an, die Online-Modi beschäftigen sich teilweise damit, Früchte zu sammeln und in Mixer zu werfen - Devil's Third nimmt sich selbst nicht ernst. Durch einige Störfaktoren in der Entwicklung sieht das Endprodukt aber nicht so aus, wie Itagaki sich das wahrscheinlich einmal vorgestellt hat. Andauernde technische Schwächen bei Grafik, Bildfrequenz oder Ladezeiten sind nicht zu übersehen: Devil’s Third ist technisch unsauber. Wer nur eine Einzelspielererfahrung sucht, sollte dringend zu Ninja Gaiden 3 greifen, denn die Kampagne in Devil’s Third ist gelinde gesagt kaum der Rede wert. Der Onlinemodus kann über die zu klein geratene Kampagne immerhin teilweise hinwegtrösten. Das Konzept der rivalisierenden Clans ist frisch und kann gerne in weiteren Spielen verwendet werden, doch auch hier lassen schwache Grafik und Sound die Action etwas blass aussehen. Devil's Third ist also ein durchschnittlicher Shooter, der unter Nintendofans wohl nur diese Beachtung findet, weil es auf Wii U wenig Vergleichbares gibt; die Free-to-play-Version auf PC wird nicht einmal eine kleine Randnotiz.
34 Kommentare:
Danke für den Test!
Defintiv: Nein danke!
Wenn man mal ehrlich ist kriegt man viele Spiele mit mehr/besseren Inhalt für lau.
Insbesondere in der MP Shooter Sparte.
So verschwenderisch geh ich mit meinem Geld mit Sicherheit nicht um als dass mir dieses Spiel ins Haus kommt. ^^
Die Ideen im MP hören sich interessant an. Jäten man aber wohl lieber etwas besser verpacken sollen...
@Tatze: investier die 60 Euro lieber in 180 tage FF14, haste mehr von xD
Werde ich tun. :p
Noch 60 Tage bis zum Behemoth Mount *hrhr* :D
Und wenn ich eigens dafür eine aufmachen muss. :D
~Man munkelt, dass Nico keine Nintendogames mehr testen will, weil dieser Titel zu unerträglich war.
#NintendomachtdenEA
Nun kommt wieder runter... Es scheint doch en gutes Spiel zu sein.. Immerhin hat es im Gegensatz zu Colonial Marines auf die WiiU geschafft.. ^^
Und noch etwas: 7 ist kein Mittelmaß. 5 dagegen schon. :)
@Thirdparty: wäre schön wenn du nur eine Wertung abgeben würdest wenn du da Spiel auch gespielt hast. So ist das einfach nur ein nutzloser Trollkommentar der zu allem Überfluss auch noch die Durchschnittswertung kaputt macht. Theoretisch sollte ich ne 10 geben um das auszumerzen. Du bist auch so ein typischer "ich gehe nach Kritiken"-Entscheider anstatt sich selbst ein Bild zu machen. Aber wozu ne eigene Meinung bilden? Sehr arm und genau wegen Dir leidet die Gaming Branche. Schäm Dich.
Also die Wortgefechte finde ich inzwischen anstrengend hier. Jedoch mache ich es auch anders. Ich lese die Kritiken durch um etwas über das Spiel zu erfahren. Meinung bilde ich mir selber. Auch ich, rongar, habe es oft erlebt, dass ich spiele unheimlich gerne gespielt habe welche schlecht bewertet wuden und umgekehrt spiele verdonnert, welche eine super Bewertung bekommen haben. Ich habe mir Devil Third am Freitag geholt und lege es jetzt in meine WiiU ein XD
Ich hätte den fast gekauft haha.
Glück gehabt, mein Geld wäre mir zu schade dafür, dann warte ich lieber auf ein richtigen tollen Titel :)
Können dessen Userbewertungen wegen fehlender Bodenhaftung nicht gelöscht werden ?
Ich fand es technisch auch nicht schlechter als zb. Assassins Creed 3 oder Disney Infnity 3.0. die auch mit Texturpoppins, Framerateproblemen oder Gliches zu kämpfen haben.
Das Gameplay im Singleplayer macht richtig Fun und reizt mit einem fordernden Schwierigkeitsgrad.
Online ist das Spiel sogar noch besser...
Das Kampfsystem und die vielen Spielmodi bieten endlos viele Möglichkeiten.
Auch das Clansystem ist genial und gut durchdacht mit Diplomatie, Festungsbau etc. Soviel Tiefgang hab ich noch nie in einem Onlineshooter gesehen.
Nur die geringe Anzahl Spieler , der fehlende Voicechat und vor allem die lästigen Goldeier* bremsen den sonst so genialen Onlinemodus aus.
Ich habe auf meinem Channel auch ein Videoreview hochgeladen für Leute die lieber unterhalten werden wollen.
https://www.youtube.com/watch?v=PM6UJAD3gOU
*Man kann sich aber auf verschiedenen Wegen einen Haufen Goldeier im Singleplayer besorgen.