Nintendo und Tennis – was für eine Erfolgsgeschichte. Und fast immer spielte Mario dabei eine Rolle. Bei „Tennis“, dem minimalistischen Launch-Titel für das Nintendo Entertainment System, war Mario Schiedsrichter und läutete die lange Tennisliebe des Publishers ein, die 2006 in Wii Sports gipfelte. Mit Tennis als Flaggschiff begründete dieser Meilenstein den Boom des Casual-Gamings. Anfang des Jahrtausends verpasste Camelot dem gelben Filzball auf dem N64 den Mario-Spin, nachdem zuvor schon auf dem Virtual Boy mit Mario's Tennis der Aufschlag gemacht wurde. Damit schufen die Japaner eine neue Nintendo-Serie, die dreimal fortgesetzt wurde. Auf Wii U geht das Match in den fünften Satz. Mario Tennis – Ultra Smash vs. WiiUX. Aufschlag!
Lob, Schmetterball, Slice!
Für Mario Tennis gilt wie für so viele Nintendo-Spiele seit jeher eine Faustformel: einfach zu lernen, schwierig zu meistern. Einsteigerfreundlich ist es natürlich vor allem wegen seines eng begrenzten Tennisplatzes: keine Geheimgänge, keine Abkürzungen, keine Fallen. Es gibt zudem auch nur wenige Schläge. Einen harten Topspin-Ball führt ihr mit A, einen geraden, schnellen Schlag mit Y und einen gekrümmten Slice mit B aus. X bringt einen ganz normalen Schlag hervor. Eine Kombination aus A und B löst einen Lob-Ball aus, der hoch in die Luft geht und bis ans Ende des Feldes führt. Die andere Reihenfolge, B und A, bringt einen Stoppball, der dem Gegner direkt vor die Füße fällt. Zwar sind Lob- und Stopp-Bälle im Eifer des Gefechts nicht immer leicht zu kombinieren, doch grundsätzlich funktioniert das System wunderbar. Heute wie vor 15 Jahren. Es erlaubt dynamische Matches, in denen es auf Schnelligkeit, Fingerspitzengefühl und gute Reaktionsfähigkeit ankommt. Ähnlich wie in Mario Kart.
Besser als vor 15 Jahren ist zum Glück die Grafik: Mario Tennis in HD macht was her. Vor allem die Charakteranimationen wirken so lebendig wie noch nie. Trotzdem bleibt der Look insgesamt natürlich funktional. Die Hardware stößt nie an ihre Grenzen, auch weil die Perspektive beschränkt und das Publikum nur selten sichtbar ist. Mario Tennis – Ultra Smash läuft in 60 Bildern pro Sekunde, was dem schnellen Sport besonders gut tut.
Ultra Smash
Mit dem Control-Stick jagt ihr euren Spielcharakter also hin und her, um Lobs, Slices und Topspins abzufeuern. Der Schlag wird in aller Regel automatisch so berechnet, dass er nicht ins Aus geht. Wollt ihr euren Gegner über den Platz jagen und damit richtig fordern, könnt ihr mit dem linken Control-Stick begrenzten Einfluss auf die Schlagrichtung nehmen und den Ball in die Ecken pfeffern. Früher den Schlagknopf zu drücken, verstärkt den Schlag. Doch ein toll aufgeladener Schlag bringt euch am falschen Ende des Platzes natürlich nichts.
Glücksfelder helfen dabei, den richtigen Ort schnell zu finden. Schlägt der Charakter auf ihnen, kann er einen besonders starken Glücksschlag vollführen, der den Gegner arg unter Druck setzt. Unterschiedlich gefärbte Glücksfelder deuten an, welche Schlagart ihr modifizieren könnt.
Pink flackernde Glücksfelder sind dabei ein fast sicherer Punktegarant. Zweimal Y für den Power-Schlag drücken – und schon fliegt dem Gegner der titelgebende Ultra Smash um die Ohren. Im Prinzip ist das aber nur ein besonders schneller, harter und schwierig zu erreichender Schmetterball.
Je mehr ihr spielt und je mehr Gegner ihr vors Racket bekommt, desto sicherer werdet ihr die richtigen Antworten auf die gegnerischen Moves parat haben. Hechtmanöver, Notschläge, Richtungs- oder Tempowechsel wandern langsam in euer Repertoire. Einfach zu lernen. Schwierig zu meistern.
Double!
Mario Tennis – Ultra Smash ist ein Multiplayer-Spiel, ganz klar. Zwar könnt ihr immer allein gegen unterschiedlich starke Computer-Gegner antreten (insgesamt gibt es fünf Schwierigkeitsstufen) oder wie in Super Smash Bros. eure amiibo-Figur zu einem solchen starken Computer-Gegner herantrainieren – doch letztlich bleiben die Gegner eben doch: Computer.
Mehr Spaß macht es mit echten Menschen. So leicht wie Wii Sports ist Mario Tennis zwar nicht zu erlernen, doch die sechs Schlagarten sitzen recht schnell und erlauben hitzige Single- oder Double-Matches. In fast jedem Modus gibt es Multiplayer-Optionen für zwei bis vier Spieler. Der zusätzliche GamePad-Bildschirm wird dabei clever genutzt. Zu zweit spielt jeder auf seinem Bildschirm aus der eigenen Perspektive, sodass ein Splitscreen nicht nötig ist. Ansonsten hat der Wii U-Controller aber keine besonderen Funktionen. Neben GamePad und Pro Controller funktioniert auch die Wii-Remote, allerdings nur eingeschränkt. Zwei Schlagarten sind mit ihr nicht möglich. Von Bewegungssteuerung wie in der NewPlayControl-Neuauflage von Mario Power Tennis fehlt jede Spur.
Geschnitten, gestrichen, gespart
Es gibt auch einen Online-Multiplayer-Modus. Oder zumindest ein Grundgerüst. Ihr könnt allen Ernstes nicht einmal auswählen, ob ihr gegen Freunde oder Fremde spielen wollt. Das Spiel weist stattdessen automatisch Zufallsgegner zu. Lobby- oder Chat-Funktionen? Fehlanzeige. Einen Turniermodus gibt es ebenfalls nicht. Ihr könnt lediglich ein paar Regeln zu Mega-Pilz oder Match-Länge voreinstellen und auswählen, ob ihr aus Spaß antreten oder mit einem Ranking-System wie in Mario Kart 8 Punkte sammeln möchtet. Leider war ein Matchmaking während unseres Tests noch nicht möglich, sodass wir die Stabilität der Server noch nicht testen konnten. Patches für diesen unbefriedigend funktionsarmen Modus sind derzeit nicht angekündigt.
Das passt leider voll ins Bild, das man vom restlichen Inhalt von Mario Tennis – Ultra Smash hat. Der Umfang dieser Produktion ist nämlich auch über den maximalminimalistischen Online-Modus hinaus spärlich, geradezu kümmerlich – auch im Vergleich zu seinen Vorgängern, die nun wirklich nicht als epische Content-Pakete à la Smash Bros. in die Geschichte eingingen. Das ist die größte Schwäche des Spiels.
Nintendo und Camelot haben an allen Ecken und Enden gegeizt. Erstens: Die Spezialschläge wurden gestrichen und durch den generischen Schmetterball ersetzt. Früher hat Bowser den Ball noch in Flammen gesetzt, Donkey Kong sich mit einem Fass darauf geschossen oder Peach ihm Küsschen verpasst, um Spezialattacken abzufeuern. Jetzt bleibt ein stinknormaler Schmetterball, der nur in der Wiederholung cool aussieht. Schade.
Zweitens: Die Themen-Arenen, die von großen Nintendo-Spielen wie Super Mario Sunshine inspiriert waren, sind verschwunden. Stattdessen bietet Nintendo die gleiche Arena mit neun unterschiedlichen Bodenbelägen an. Das ist immerhin ganz unterhaltsam: Auf Eis zu glitschen oder auf einem federnden Gummi-Platz zu spielen, kann Matches eine neue Dynamik geben. Trotzdem fragt man sich: Warum heißt das Spiel eigentlich „Mario“ Tennis? Abgesehen von der Tatsache, dass Mario mitspielt, erinnert auf dem Platz nichts mehr ans Nintendo-Universum.
Weiter geht’s (oder eben nicht): Einzelspielerfeatures wurden weitgehend gestrichen. Einen Turniermodus gibt es nicht mehr; stattdessen einen K.O.-Modus. Der ist allerdings nur eine lieb- und zusammenhangslose Aneinanderreihung isolierter Tiebreak-Matches gegen die ganze Charakterriege, in dem es immer schwieriger wird.
Charakter-Customization-Features, wie sie in Mario Tennis Open an Miis getestet wurden, gibt es auch nicht mehr. Man hat allerdings den Eindruck, dass sie einmal geplant waren. Denn für jedes Match gewinnt man Münzen. Sie dienen allerdings nur einem Zweck, der zudem ziemlich skurril ist: Man kann mit ihnen Achievements freikaufen. Anstatt spielerisch eine 15er-K.O-Siegesserie zu schaffen, kann man das entsprechende Achievement und Extra auch einfach zum Schnäppchenpreis von 3.000 Münzen einkaufen. Ziemlich witzlos, zumal es nicht einmal besonders viel freizuschalten gibt.
Ganz großes Tennis – in ganz kleinem Rahmen
Die Anzahl der spielbaren Charaktere verharrt bei 16, etwas weniger als in den Vorgängern. Und wie viele Items gibt es, die wie in Mario Kart besondere Effekte auslösen? Genau eines. Der Mega-Pilz ist die einzige neue Idee, die die Entwickler in Mario Tennis auf Wii U eingebaut haben. Sammeln Mario & Co. ihn im Match auf, wachsen sie auf Riesengröße, können härter zuschlagen und den Gegner unter Druck setzen. Natürlich bekommt auch der andere ihn irgendwann, was die Chancen wieder ausgleicht.
Man könnte in den Mega-Pilz irgendwelche Taktik hineininterpretieren: Zum Beispiel lohnt es sich, Gegner mit gezielten Bällen vom Pilz fernzuhalten oder sie mit Körperschüssen wieder zu schrumpfen. Ist der Gegner groß und man selbst klein, ist man gut beraten, in die Defensive zu gehen und Schadensbegrenzung zu betreiben. Doch letztlich macht der Mega-Pilz einfach nur groß. Er kann das Spielprinzip nicht länger als fünf Minuten tragen, danach ist er eine Selbstverständlichkeit. Zudem stehen sich die Riesen im Double allzu oft im Weg. Nintendo hätte den Pilz als Auftakt für eine Reihe unterschiedlicher Items nehmen können, die die Matches auffrischen. Doch womöglich hat da schon jemand DLC-Pläne?
Mario Tennis – Ultra Smash ist also ein dürres Paket. Das spiegelt sich selbst in kleinsten, eigentlich unbedeutenden Details wie dem „Kommentator“ wider. Nintendo hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihn die läppischen 16 Charakternamen einsprechen zu lassen. So heißt es zwar auf Deutsch „Spiel, Satz und Sieg“ – aber nicht für Mario, Luigi oder sonstwen, sondern für „Aufschläger“ oder „Rückschläger“. Symptomatisch.
FAZIT:
Das klassische Mario Tennis-Gameplay mit seinen schnellen, spaßigen und mitunter spektakulären Ballwechseln ist auch im neuesten Wii U-Ableger gewohnt gut ausgestaltet und funktioniert tadellos; vor allem im lokalen Multiplayer liefert es Mario Tennis in Reinform. Doch Ultra Smash ist leider ein sehr unvollständiges Gesamtpaket, und das trübt den Gesamteindruck enorm. Beim Umfang hat Nintendo gespart, gestrichen und womöglich auch geschnitten, was das Zeug hält; der Titel sollte offensichtlich maximal schnell fertig werden. Das geht zum Glück nicht zu Lasten des Kern-Gameplays, dafür aber massiv zu Lasten des Umfangs. Es gibt in Mario Tennis außer ständiger Wiederholung schon nach knapp zehn Spielminuten nichts mehr zu tun. Und selbst im Online-Modus wurden alle Chancen auf Turniere und Friend-Matches spektakulär vertan. Mario Tennis bleibt auf Wii U also ein Wohnzimmerspiel mit klassischem Spielprinzip, das die Formel um hübsche, flüssige, wenn auch funktionale HD-Optik sinnvoll bereichert. Wer genau das sucht, kann zugreifen. Doch wer sich ein Spiel erhofft, das langfristig unterhält, neue Ideen umsetzt und den Spieler zum Weitermachen motiviert, wird wohl nicht glücklich. Denn dieses zusammengeschrumpfte Minimal-Paket ist im Umfang einfach nur schlecht.
31 Kommentare:
Nintendo wollte den Titel wohl unbedingt noch 2015 bringen - irgendwas muss im Weihnachtsgeschäft ja erscheinen -, ich hoffe jedoch selbst dort erkennt man, dass man ihn so nicht lassen kann und bessert noch nach... zumindest bzgl. des online Modus.
Wenigstens die Möglichkeit mit Freunden zu zocken hätte aber trotzdem sein müssen. Ich kann jeden verstehen, für den das ein K.O.-Kriterium ist!
Und dass man Achievements entweder mit besonders gutem ODER besonders viel Spielen dann über Münzen freischalten kann, würde ich sogar gerne öfter sehen. Man hat die Wahl, schwächere Spieler müssen sich nicht durchquälen. Me gusto!
Extrem knapp bemessen ist der Spielumfang natürlich trotzdem. Ich hoffe da auf Nintendos neue Herangehensweise, Inhalte nach und nach nachzureichen. Aber diesmal hat man es wohl übertrieben ;-)
@SeSei Glaube nicht dass Ultra Smash in Full HD läuft. Wo hast du das her? Fast alle Wii U-Spiele haben eine native Auflösung von nur 720p.
Und warum bewertest du ein Spiel vor Release?
Und im Testbericht steht: "Besser als vor 15 Jahren ist zum Glück die Grafik: Mario Tennis in HD macht was her."
Übrigens, laut Nintendo: "Wenn du Mario Tennis: Ultra Smash bis zum 17.12.2015 um 23:59 Uhr (MEZ) im Nintendo eShop kaufst, erhältst du einen Downloadcode für Mario Tennis (Nintendo 64) auf der Virtual Console für Wii U."
Wenn man jedoch einen so innovationslosen schlechten singleplayer macht, versteh ich nicht wieso dann auch der Online-Modus so total abgespeckt ist.
Wie kann man nur so viel Potenzial verschenken?
Camelot war mal so wahnsinnig gut (Power Tennis auf dem GBA) und jetzt ist es nicht viel besser als das Tennis von Wii Sports Club.
Das Gameplay an sich ist super, sagt auch der Test (Technik: Sehr gut; Spielerlebnis: Gut). Es hapert nur massiv am Umfang.
720p = HD ready
1080p = Full HD
und noch ne ganze menge amibos ... vieleicht noch ein mario sunshine hd ...
ich erwarte nichts mehr für die wii-u
aber ich hoffe das nintendo es mit der nx besser macht.
auch wenn die nintendo hauseigenen spiele zahlenmäsig gut darstehen , habe ich das gefühl das viele sehr schnell und unfertig auf den markt geschmissen wurden .. was den inhalt angeht .
Eines der genialsten Zeldas kommt mit Twilight Princess und Zelda U wird sowieso richtig genial und auf Xenoblade müssen wir warten, bis die ersten Tests da sind.
Vom umfang is das Spiel leider ein schlechter witz...
zu wenig Charas, keiene Arena Veränderung (immer die selbe mit anden bodenbelag), Man hat letzlich nur 4 Modis was zu wenig is... kein Turnier Modus um Pokale zusammeln, Keine Mii Unterstützung ( und das in einen Nintendo eigenen Game o.O) Das Geld is ja mal sowas von Sinnlos in dem Spiel, Die Minispiele fehlen
Selbst der für mich entäuschende 3DS teil is besser als dieser hier sehr schade und das zum vollpreis also wenn Nintendo da net a la Splatoon nachliefert bin ick sehr entäuscht!
Das klassische hat mich schon immer mehr angesprochen und im Multiplayer ist es definitiv eine 8 von 10. Der fehlende Content ist natürlich mist, aber ich rechne fest damit, dass ähnlich wie bei Splatoon noch kräftig nachgelegt wird.
+ Spielgefühl
+ Gameplay
- Umfang
- Charaktere
- Spielfelder
- Variationen etc.etc...
ist einfach zu wenig.
für mich daher gesundes Mittelmaß da es nur für wenige stunden spaß bietet
Keiner von uns hat fehlenden oder gestrichenen Content als Feature bezeichnet. Natürlich wäre das Spiel wesentlich besser wenn es mehr Inhalte hätte, deshalb finde ich den GameCube-Vorgänger ja auch besser.
Wie stark die Schwächen eines Spiels ins Gewicht fallen hängt aber auch von seinen Stärken ab. Bei Mario Power Tennis wäre so ein magerer Inhalt katastrophal gewesen, weil es nicht das Gameplay-Niveau des neuen Teils hat. In diesem Fall wiegt es aber meines Erachtens nicht so schlimm, dass man eine derart vernichtende Wertung vergeben könnte.
Ich verlange ja auch nicht von euch, die Wertung zu ändern, ich selbst habe ja auch lediglich eine 7,5 vergeben. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen dass ich eure Wertung ungerechtfertigt finde.